Vertriebsprovision: Wann Provision im Vertrieb scheitern muss

Symbolbild Vertriebsprovision: Mehre Manager an einem Tisch mit Unterlagen.

Vertriebsprovision finde ich gut. Schließlich bekam ich selbst von 1999 bis 2009 als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst Provision auf meine Umsätze – und verdiente sehr gut. Doch Provision im Vertrieb ist kein Allheilmittel. Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen die Augen öffnen – und vor falschen Vorstellungen warnen. Denn nur, weil Sie Vertriebsprovision zahlen, macht Ihr Unternehmen nicht automatisch mehr Umsatz und Gewinn … Kurz: Viele Vergütungsmodelle klingen in der Theorie gut, scheitern aber an der Praxis.

Welche Arten von Provision gibt es im Vertrieb?

In der Praxis zahlen die meisten Arbeitgeber Provision auf den Umsatz. Vermutlich, weil dies der einfachste Weg ist – schließlich ist der Umsatz heutzutage auf Knopfdruck immer zu sehen. Gefährlich ist aber, dass so manche Verkäufer sich auch Aufträge über Rabatt kaufen (könnten). So erinnere ich mich, dass ein guter Kunde von mir zu meiner Außendienstzeit abtrünnig werden wollte – und sich für einen meiner Mitbewerber öffnete. Statt nun für meine Verkaufspreise perfekt zu argumentieren, suchte ich den einfacheren Weg: Ich gab meinem Kunden einfach mehr Rabatt. Warum? Nun, weil 4 Prozent auf 40.000 Euro mir lieber war, als gar keine Provision. Das ich mit meinem Rabattzugeständnis aber erheblich die Marge meines Arbeitgebers verdorben habe, war mir gar nicht wirklich bewusst. Ich hingegen bekam aber weiterhin meine 4 Prozent – allerdings „nur“ noch auf 36.000 Euro. Statt 1.600 Euro Provision erhielt ich immerhin noch 1.440 Euro. Während ich also „nur“ auf 160 Euro verzichtete, verlor mein Arbeitgeber ganze 4.000 Euro!

Besser hingegen ist eine Provision auf den Deckungsbeitrag oder den Gewinn. Schließlich strengt sich so ein Verkäufer mehr an, um auch wirklich zu guten Preisen zu verkaufen. In der Praxis tun sich aber viele Arbeitgeber damit schwer, ihre Zahlen offenzulegen – oder wenigstens mit kalkulatorischen Vertriebsdeckungsbeiträgen zu arbeiten. Darüber hinaus müssten vermutlich auch so manche Vertriebler ihre kalkulatorischen Fähigkeiten verbessern, um ein solches Vergütungssystem mit Leben füllen zu können.

Denkbar ist auch eine Zielprovision: Wenn beispielsweise das Umsatzziel von 1.000.000 Euro erreicht wird, gibt es für den Vertriebsmitarbeiter eine Provision von 0,5 Prozent. Für hohe Wellen sorgen dann aber oft Führungskräfte, wenn ein Mitarbeiter „nur“ 998.000 Euro erreicht – und darum ihrem Mitarbeiter gar keine Zielprovision zahlen wollen – getreu dem Motto „Kurz vor dem Klo in die Hose gemacht. Hättest Dich ja mehr anstrengen können.“

Darüber hinaus gibt es noch Varianten. Beispielsweise, dass nur auf bestimmte Produkte (erhöhte) Provisionen im Vertrieb gezahlt werden, oder wenn der Vertrieb einen Kunden beispielsweise von der Umsatzkategorie „bis 10.000 Euro“ auf die nächsthöhere brachte. Denkbar sind Provisionen auch für ein Vertriebsteam.

Eine spezielle Provision oder Prämie kann auch hilfreich sein, um Mitarbeiter für eine erfolgreiche Verhaltensänderung zu belohnen – bspw. nach einem Sales Training: Jeder Mitarbeiter bekommt x, wenn dieser nach dem Training ein bestimmtes Ziel erreicht. Dies beugt einer möglichen Berieselung im Seminar vor – und honoriert auch die, die ins Tun kommen.

Der größte Denkfehler: Meine Mitarbeiter bekommen Provision auf ihre Umsätze. Die werden sich jetzt von ganz alleine anstrengen und für margenstarke Aufträge sorgen!

Oliver Schumacher

6 Vorteile von Vertriebsprovision

Lassen Sie uns zuerst die Vorteile von Provision sehen:

  • Provision motiviert (viele Verkäufer).
  • Provision reizt an, sich (noch) mehr anzustrengen.
  • Durch (unterschiedliche) Provision können Verkaufsschwerpunkte im Vertrieb gesetzt werden.
  • Leicht zu kalkulieren (sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer).
  • Werden die richtigen Produkte (stärker) mit Provision bedacht, kann dies die Kundenorientierung der Vertriebsmitarbeiter steigern.
  • Wer gut im Vertrieb verdient, bleibt mit höherer Wahrscheinlichkeit seinem Arbeitgeber treu.

Provisionen im Vertrieb haben (oft) Nachteile

Doch wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten:

  • Mit (höherer) Vertriebsprovision können Vertriebsmitarbeiter im Zweifelsfall auch gegen Kundeninteressen handeln.
  • Provision fördert Konflikte: Bekommt beispielsweise der Vertriebsinnendienst keine Provision, aber der Außendienst, so kann dies schnell zu Konflikten führen, wenn der Innendienst gegen die Interessen des Außendienstes (ungewollt) arbeitet.
  • Neid: Da es keine gerechten Verkaufsbezirke gibt, kann es sein, dass manche Vertriebsmitarbeiter im Verhältnis zu ihren Kollegen trotz harter Arbeit deutlich weniger Geld verdienen.
  • Die Einkommensschere kann zwischen den einzelnen Kollegen immens werden.
  • In vielen Unternehmen werden Vertriebsmitarbeiter schwerer zu lenken und zu führen. Nämlich dann, wenn sie sich Mitarbeiter im Kopf ausrechnen „Für die Provision, die ich auf das neue Produkte bekomme, lohnt es sich gar nicht, sich anzustrengen. Fahre ich also lieber meine Vertriebsprovision mit anderen Produkten ein.“
  • Wird die Provision auf den Umsatz gezahlt, und nicht auf den Deckungsbeitrag, so kann dies dazu führen, dass Vertriebler Kunden mit Rabatt „kaufen“, damit sie wenigstens ihre Umsatzprovision erhalten.

Provisionsmodell im Vertrieb muss motivieren

Im Idealfall können sich Ihre Mitarbeiter ihre Provision nach einem Verkaufsabschuss im Kopf ausrechnen. Ist dies nicht möglich, entsteht schnell Misstrauen.

Ein gutes Provisionsmodell im Vertrieb

  • ist klar und eindeutig,
  • basiert auf erreichbare Zielvorgaben,
  • fördert das Miteinander zwischen den Kollegen,
  • basiert auf Kundeninteressen und
  • sorgt nicht für Gewinner und Verlierer.

Nicht nur Provision zahlen, sondern auch Prämien

Damit die Einkommensschere zwischen Ihren einzelnen Mitarbeitern nicht zu groß wird, sollten Sie im Vertrieb nicht nur mit Provision arbeiten, sondern auch mit Prämien.

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Rechenbeispiel: Prämien und Provision im Vertrieb

Der neue Mitarbeiter A hat einen Verkaufsbezirk mit einem Umsatz von 1.000.000 Euro übernommen. Er bekommt 5 % auf seinen Umsatz. Schafft er wieder die 1.000.000 Euro, bekommt er 10 %.

Dies würde zu einem Einkommen von 150.000 Euro führen.

Sein neuer Kollege B, der einen Bezirk mit 600.000 Euro übernimmt, würde bei gleichen Provisionen 90.000 Euro bekommen.

Arbeiten aber beide ähnlich viel, haben ähnlich „große“ Kunden und Möglichkeiten, so ist es offensichtlich, dass die Vergütung unfair ist.

Würde hingegen beispielsweise die Umsatzprovision bei 5 % bleiben und bei Erreichung des Jahreszieles eine Prämie von 25.000 Euro ausgeschüttet, so würden die Gehälter deutlich weniger auseinanderliegen. A würde 75.000 Euro verdienen und B 55.000 Euro.

Es gibt keine faire Vertriebsprovision

Wer jetzt dieses Beispiel gedanklich weiterentwickelt, würde sich vermutlich zwei Fragen stellen:

  • Würde A überhaupt für „so wenig“ Geld arbeiten?
  • Kann B nicht „einfach“ mehr verkaufen?

Als Arbeitgeber können Sie neben einem möglichst fairen Vergütungssystem im Vertrieb nur eines machen: Unterstützen Sie alle Ihre Mitarbeiter dabei, noch mehr Erfolg im Verkaufsalltag zu haben. Beispielsweise mit Verkaufstrainings. Denn wenn Ihre Mitarbeiter spüren, dass Sie als Führungskraft nicht nur fordern, sondern auch fördern, und darüber hinaus die Mitarbeiter auch reelle Chancen auf gute Einkommensmöglichkeiten sehen, werden diese gerne arbeiten.

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