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Als ich mit 25 Jahren im Verkaufsaußendienst anfing, war ich bei weitem kein Spitzenverkäufer. Letztlich wurde ich mit den Worten „Verkäuferisch können sie gerade mal einen Stift halten, aber sie sind motiviert!“ eingestellt. Heute gebe ich Ihnen einen kleinen Einblick, wie ich innerhalb weniger Jahre zum top Verkäufer von über 200 Verkäufern geworden bin.
Mein Weg zum top Verkäufer
Zahlen sind wie Zensuren. Und so ärgerte ich mich in den ersten Monaten oft genug, wenn mein Chef die monatlichen Teamzahlen präsentierte: Von 13 Kollegen war ich Träger der roten Laterne – und das über einige Monate hinweg. Gut, ich hatte mit Ostfriesland keine leichte Region bekommen. Zum einen hatte ich 3 Vorgänger innerhalb der letzten 5 Jahre in meinem Bezirk. Zum anderen ist die Region Ostfriesland wirtschaftlich gesehen keine aufstrebende Region. Aber was soll’s?
Ich fing 1999 bei der Wella AG an, um Haarkosmetik an Friseure zu verkaufen. Schon bei der Einarbeitung habe ich gelernt: „Friseure brauchen immer etwas. Du musst ihnen nur klar machen, dass sie es von dir kaufen sollen.“ Leichter gesagt, als getan. Und so war ich in den ersten Wochen eigentlich schon froh, wenn ich mithilfe der faltbaren Landkarte überhaupt die Friseursalons wiedergefunden habe. Hatten sie dann – mal wieder – nichts gekauft, so hatte ich ja wenigstens den Salon gefunden. Ein kleines Erfolgserlebnis. Immerhin. Leider hatte man mir damals bei dem Vorstellungsgespräch nicht gesagt, dass die Friseure auch die Produkte der Marke Wella zum teilweise gleichen Preis vom Großhandel direkt beziehen konnten. Das taten damals so einige. Wozu sich auch auf einen neuen 25jährigen Wella Vertreter einstellen, wenn doch der nette Herr B. vom Großhandel schon seit über 20 Jahren Kontinuität zeigt? Ablehnende Aussagen wie „Wenn sie in einem halben Jahr noch da sind, kaufe ich gerne was bei ihnen. Aber jetzt erst mal nicht“ waren keine Seltenheit. So hatte ich also nicht nur gegen Industrievertreter „zu kämpfen“, sondern auch mit Großhändlern, die „meine“ Produkte verkauften.
Spitzenverkäufer wurde ich letztlich durch lernen
Ich fing an zu lernen und zu lesen. Zu meiner Begeisterung gab es auf meinem Weg zum Spitzenverkäufer viele Bücher, die für nur 20 bis 30 Euro Einblicke in die Geheimnisse von top Verkäufern gewährten. Auch hörte ich immer wieder Kassetten und CDs im Auto: Beispielsweise Umberto Saxer, Dirk Kreuter und Heinz M. Goldmann. Darüber hinaus las ich viel Vertriebsliteratur. In Excel entwickelte ich eine Datenbank mit Sätzen, die mir gefielen. Andere änderte ich so lange ab, bis sie mir gefielen. Darüber hinaus ging ich dann auch noch auf eigene Kosten zu Verkaufsseminaren. Denn wenn ich top Verkäufer werden wollte, dann würde es ja nicht reichen, nur die Dinge zu lernen, die meine Kollegen firmenintern vermittelt bekamen. Denn wie sollte ich diese überholen, wenn sie das gleiche Wissen haben?
So passierte das Unvermeidliche: Ich wurde besser! Ich erinnere mich noch, wie ich plötzlich zu einer Kundin einen Satz sagte, wo ich mich dann selbst fragte, woher dieser denn plötzlich kam. Aber das war egal – die Kundin hat gekauft. Wenn man immer wieder im verkaufsrelevanten Wissen badet, dann platzt einfach irgendwann der Knoten: man wird besser. Zwangsläufig. Man kann schließlich nicht nicht lernen, wenn man sich mit dem Thema Verkaufen kontinuierlich beschäftigt.
Was zeichnete mich damals als Spitzenverkäufer aus?
An sich nicht viel – zumindest aus meiner Sicht. Denn vieles war irgendwann – und manches schon immer – für mich selbstverständlich:
- Vorbereitung: Ich muss mir alle Produkte, die ich verkaufen möchte, zuerst selbst verkaufen. Wenn ich selbst nicht weiß, was ein Kunde vom Kauf hat – wie will ich es dann erfolgreich verkaufen?
- Spannungsbogen aufbauen: Ich war kein sprechender Produktkatalog, sondern dachte mir immer wieder originelle Geschichten aus, um meine Kunden – und auch mich – nicht zu langweilen.
- Gesunde Hartnäckigkeit: Mit der Haltung „lieber Kunde, ich mag dich – ich will dir mit meinem Angebot nur helfen“ konnte ich so manche Einwände entkräften und Aufträge abschließen.
- Verlässlichkeit: Mein Motto war „Ein Olli, ein Wort“. Ich wollte kein Laberheini sein, sondern der verlässlichste Verkäufer in meinem Bezirk. Angesichts mancher „kreativer“ Verkäufer im Außendienst, die sehr freiheitsliebend sind, für viele Kunden eine willkommene Abwechslung.
- Besessenheit: Ich war geil darauf, zu lernen und zu verkaufen. Beides hat mir viel Freude bereitet. Auch haben die meisten Kunden gemerkt, dass ich Spaß an meiner Arbeit habe – und dies entsprechend mit Aufträgen honoriert.
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Welche Nachteile könnte top Verkäufern widerfahren?
Jede Medaille hat zwei Seiten. So ist das auch, wenn man Spitzenverkäufer ist. Es gab zwei größere Nachteile:
- Neid und Missgunst: Bei uns im Team war ich bei den meisten Verkaufswettbewerben auf den vorderen Plätzen. Vom Umsatz her eigentlich sogar immer auf Platz 1. Mein Rekord bei der Jahreszielerfüllung lag bei 162% – das hat bundesweit niemand geschafft, obwohl ich zu den wenigsten gehörte, die ein Jahresziel von über 1.000.000 Euro hatten. Interessanterweise lästerten die schwächsten Verkäufer in unserem Team gerne über mich: „Der Olli hat viel zu kleine Ziele“, „Ja, in seinem Bezirk könnte ich auch so viel Verkaufen“ oder „Der arbeitet ja auch nur“. Letzteres stimmt: In den 10 Jahren habe ich mir so gut wie nie Urlaub genommen. Meistens nur auf dem Papier – rausgefahren bin ich dann trotzdem.
- Ich habe verlernt zu entspannen: Damals hat mir das nicht viel ausgemacht. Denn ich arbeitete schon damals gerne. Doch jetzt, mit 46 Jahren, würde es mir gefallen, wenn ich mal zwei Stunden am Stück nicht an die Arbeit denken täte. Das soll nicht heißen, dass ich nicht gerne an meine Arbeit denke. Aber ich wünsche mir manchmal, wirklich abzuschalten. Um das zu lernen, muss ich mir wohl mal Zeit nehmen …
Was sind weitere Merkmale bzw. Eigenschaften von top Verkäufern?
Insgesamt erachte ich folgende Faktoren als matchentscheidend. Wenn Sie also ein top Verkäufer werden und bleiben wollen, dann beherzigen Sie folgende 10 Punkte.
- Der Wille zum Erfolg: Um erfolgreich im Verkauf zu sein, braucht man Ausdauer und eine große Portion Leidensfähigkeit.
- Spaß am Tun: Wer seine Produkte und/oder Dienstleistungen sowie seine (potentiellen) Kunden nicht mag, wird niemals top Verkäufer werden können. Denn ohne Leidenschaft sind Verkaufserfolge nicht möglich.
- Kommunikatives Geschick: Es geht immer wieder darum, die richtigen Worte und Fragen zu finden und so zu sprechen, dass andere einem anstrengungsarm folgen können.
- Freude am Ausprobieren: Regelmäßig Dinge neu in Angriff nehmen, ausprobieren und testen – das sorgt für Abwechslung – nicht nur für die Stammkunden.
- Mitdenken: Kunden brauchen keinen, der nur aufschreibt. Es geht auch nicht darum, stets den Auftrag höher zu ziehen: Viel mehr geht es darum, kein Reinverkäufer, sondern ein Rausverkäufer – also ein Erfolgscoach des Kunden – zu sein.
- Zuverlässigkeit: Wer Probleme mit Zusagen und Pünktlichkeit hat, startet ein Konjunkturprogramm für seine Mitbewerber – und geht am besten gar nicht erst in den Vertrieb.
- Freundlichkeit: An sich klar, oder?
- Kümmert sich: Auch mal eine Sondertour fahren, großzügig sein und den Kunden beweisen, dass der Auftrag bei einem selbst in guten Händen ist.
- Besessenheit und Einsatz: Wer ein Problem damit hat, mal morgens um 04.30 Uhr zu einem Seminar zu fahren oder nachts noch schnell einen Auftrag für einen Kunden einzugeben, ist für mich suspekt.
- Prioritäten setzen: Als Verkäufer ist es oft so, als stünde man vor einer Wand mit vielen Löchern, aus denen Wasser strömt: vor welchem hält man als erstes die Hand? Das Setzen von Prioritäten hilft, Stress zu reduzieren.
PS: Wenn Sie Spitzenverkäufer werden wollen, dann überlegen Sie es sich gut, ob Sie Ihr Ziel gleich „an die große Glocke hängen“. Für manche kann dieser Druck sehr förderlich sein. Für andere nicht.
PPS: Kürzlich wurde ich gefragt, mit welchem Punkt man auf dem Weg zum Spitzenverkäufer anfangen sollte. Meine Antwort war Punkt 2!