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Die Qualität Ihrer Fragen beeinflussen die Antworten, die Sie bekommen. Manchmal ist es nur eine Frage an sich selbst oder einen Vertragspartner, die einen vor einer schlechten Entscheidung schützt – oder zu einer guten Entscheidung bringt. Doch leider „vergessen“ viele, gute Fragen zu stellen. Insbesondere für Selbstständige und Unternehmer ist es wichtig, zahlreiche gute Fragen zu stellen: Schließlich hängt von diesen nicht nur die Zukunft des eigenen Unternehmens ab, sondern auch die der eventuellen Mitarbeiter – sowie des unternehmerischen Gewinns. Darüber hinaus können die richtigen Fragen auch vor Stress und Enttäuschungen schützen. Oft merkt man ja erst im Nachhinein, dass man zu naiv an eine gewisse Sache gegangen ist – und lieber ein paar kritische Fragen (mehr) gestellt hätte.
Am 14.11.2020 hielt ich als etablierter Verkaufstrainer auf dem Gründertag der Emsland GmbH den Vortrag „Frag doch mal … Wie Gründer mit den richtigen Fragen mehr Erfolg haben“, welcher diesen Artikel optimal ergänzt.
Neben meinem Vortrag gibt es auch Erfolgsbeispiele von Cornelia Köster (Walderlebnis Emsland, Lingen), Bastian Heine (Heine Kraftfahrzeugtechnik GmbH, Meppen) und Frank Exeler (Bau- und Projektleitung Exeler GmbH, Lingen).
Der gesamte Veranstaltung geht eine Stunde. Nähere Details gibt es hier bei der Emsland GmbH.
Warum müssen Sie auch kritische Fragen stellen?
Viele gehen zu blauäugig in Geschäftsbeziehungen. Diese Vertragspartner haben dann aber massive Probleme, wenn es dann doch nicht so läuft wie ursprünglich gedacht. Kunden sprechen dann oft von Reklamationen und „übers Ohr gehauen worden!“, Verkäufer von schwierigen Kunden. Das Problem ist, dass oft die einzelnen Vertragspartner mit viel zu unterschiedlichen Werten, Voraussetzungen und Zielen ins Gespräch gehen – und nur glauben, dass sie sich eins zu eins verstehen.
Darum müssen unbedingt von Ihnen auch kritische Fragen vor der Geschäftsanbahnung gestellt werden. Damit können Sie natürlich auch anecken. Aber besser ist es, vorher anzuecken mit Menschen, die dann aufgrund von Trotz nicht miteinander arbeiten, als wenn es dann später während der Geschäftsbeziehung zu Konflikten oder gar unternehmerischen Risiken kommt.
Oft verlässt man sich auch auf den anderen, dass das Ganze schon stimmt, was dieser sagt. Dabei lügen leider auch manchmal Kunden. Aussagen wie „Komisch, ich habe doch die überfällige Rechnung schon längst bezahlt“ oder „Selbstverständlich werden wir Ihnen nochmal die Möglichkeit geben, zu Wort zu kommen, bevor wir woanders kaufen“ hat schon so manch ein Anbieter gehört.
Ich hörte als Kunde von einem Verkäufer einer Bank (die sich ja gerne Vermögensberater nennen) „Nein, das ist eine geprüfte Anlage. Sie können davon ausgehen, dass wir die in Aussicht gestellte Rendite auch erzielen werden.“ Letztlich kam es hier aber zum Totalverlust. (Jetzt wissen Sie auch, wie ich zu meinem Claim „Ehrlichkeit verkauft“ als Verkaufstrainer gekommen bin: Verkäufer sind für das verantwortlich, was sie verkaufen, aber auch für das, was sie nicht verkaufen – und ein Vertrag wird sowohl vom Kunden als auch dem Verkäufer unterschrieben. Da gibt es in „meiner Welt“ kein Herausgerede. Beide Seiten tragen die Verantwortung.)
Warum stellen viele zu wenige gute Fragen?
- Man hat noch nie über gute Fragen nachgedacht, beispielsweise auch, weil man selbst noch nicht tief genug im Thema steckt – und so quer, wie es dann später kommt, gar nicht denken konnte. (Lösung: Holen Sie sich bei größeren Investitionen einen unabhängigen Berater, der sich auskennt.)
- Man möchte andere nicht verletzen. Schließlich kann man ja mit der einen oder anderen Frage durchaus sein Misstrauen signalisieren – da könnte der andere ja beleidigt sein, also ist man lieber still. (Übrigens: Manche spielen aber auch nur den Beleidigten oder Empörten, um so Schuldgefühle zu erzeugen, sodass der andere dann doch unterschreibt – das gilt für beide Seiten. Kunden könnten dies zum Beispiel tun, wenn sie höhere Rabatte wollen, Verkäufer, wenn sie genau wissen, dass der Kunde berechtigte Kritik an einer Klausel im Vertrag äußert.)
- Andere nehmen sich vor, gewisse Fragen zu stellen – stellen diese dann aber doch nicht. Entweder, weil sie die Beziehung wahren wollen, doch irgendwie „eingelullt“ wurden – oder sie sich selbst den Vertragsabschluss schöngeredet haben und nun wissentlich mögliche negative Konsequenzen ausblenden und einfach hoffen, dass es dann wohl doch alles reibungslos klappt.
- Auch wurden viele von uns falsch erzogen: Phrasen wie „Man stellt keine Gegenfragen, wenn man eine Frage gestellt bekommt!“ oder „Du fragst einem ja Löcher in den Bauch“ sind keine guten Ratgeber. Dabei ist es doch durchaus legitim, wenn man Fragen stellt, um etwas besser zu verstehen, oder?
Wer Fragen stellt, der ist …
- höflich, weil er dem Gesprächspartner ermöglicht, passende Antworten zu geben – und sein Gegenüber nicht mit Allgemeinplätzen langweilt oder gar belehrt.
- verbindlich und professionell, weil er so schneller weiß, woran er ist – und damit die Geschäftsbeziehung für beide Seiten positiv vorantreibt (auch ein klares Nein des Kunden ist gut, denn so weiß jeder Verkäufer, dass er nun seine Zeit in andere Projekte investieren kann).
- auf Augenhöhe mit seinen Kunden, da der Verkäufer mit seinen Fragen aufgrund der Antworten passende Lösungen und Angebote macht – und damit bedarfsgerecht verkauft.
Wer keine, zu wenige oder die falschen Fragen stellt, …
- läuft Gefahr, am Kunden vorbeizureden,
- kommt nicht voran, weil er keine Anknüpfungspunkte kennt – sondern nur vermutet,
- nervt schnell sein Gegenüber, weil die Gefahr hoch ist, aus Kundensicht unrelevante Informationen zu geben,
- ist respektlos, weil es einfach höflich und wertschätzend ist, sein Gegenüber auch nach seiner Meinung zu fragen,
- schießt sich unnötig aus dem Markt, weil er kein bedarfsgerechtes Angebot machen kann.
Innere Haltung, um gute Fragen zu stellen
- „Lieber Kunde, ich mag dich. Ich will dir helfen – und damit ich das kann, möchte ich einfach ein paar Details wissen.“
- „Lieber Kunde, ich stelle dir ein paar Fragen. Und wenn ich merke, dass ich dich mit meinem Angebot bereichern kann – dann biete ich dir was Gutes an. Und wenn ich merke, dass ich keinen Mehrwert für dich habe, dann lasse ich dich in Ruhe.“
- „Ich respektiere dich – und möchte dich einfach verstehen. Und wenn sich daraus Geschäfte ergeben, dann umso besser.“
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Was kann man beim Stellen von Fragen falsch machen?
Natürlich kann man beim Fragenstellen auch einiges falsch machen. Nachfolgend die typischen Fettnäpfchen:
- Warum-Fragen: Denn bei solchen Fragen schwingt auch immer ein gewisser Vorwurf mit, der den anderen im Zweifelsfalle zur Rechtfertigung bringt. Beispiele aus unserer Kindheit: „Warum hast du nicht dein Zimmer aufgeräumt?“, „Warum hast du nur eine Drei geschrieben?“ oder „Warum hast du deiner Tante nicht die Hand gegeben?“ Besser ist es, neutraler zu fragen, vielleicht mit „Was ist der Grund?“ oder „Woran liegt es, dass …?“ oder „Ich habe jetzt noch nicht ganz verstanden, weshalb …“
- Andere stellen mehrere Fragen hintereinander in einem Atemzug, ohne ihr Gegenüber zur Antwort kommen zu lassen (meist antwortet dann der Gefragte nur auf die letzte Frage), oder sie formulieren ihre Frage zu kompliziert. Darf man sich dann wundern, wenn man aneinander vorbeiredet?
- Einige Verkäufer leiern leider einen Fragenkatalog durch. Nicht, um den Kunden wirklich zu verstehen, sondern nur, um endlich die Fragen, die beispielsweise aufgrund von Vorgaben gestellt werden müssen, gestellt zu haben.
- Aus falscher Scham trauen sich manche Verkäufer nicht, die richtigen oder notwendigen Frage zu stellen.
- Manche fragen auch nicht nach, wenn sie auf ihre Frage keine klar verständliche Antwort bekommen haben. Fassen Sie also nach, wenn Sie die Antwort auf Ihre Frage nicht bekommen – oder verstanden – haben.
Fragen, die sich Unternehmer und Selbstständige stellen sollten
Fragen zum Thema Businessplan und Strategie
- Warum sollten Kunden überhaupt zu mir kommen – und auch bleiben?
- Wie will ich für mein Business werben, so dass auch genügend zahlende Kunden kommen? Das kann im Zweifelsfall Monate, wenn nicht gar Jahre dauern! Habe ich wirklich das Geld und die Ausdauer – bzw. Leidensfähigkeit?
- Wie intensiv ist der Wettbewerb? Was sind die Risiken? Was will ich tun, wenn x eintritt? Oder wie kann ich dem vorbeugen?
Fragen zum Thema Marketing und Vertrieb
- Mit welchen Fragen finde ich genau heraus, was der Kunde will und braucht?
- Wie baue ich Verbindlichkeit auf, damit ich nicht im Zweifelsfalle ein Angebot schreibe – aber keinen Auftrag bekomme?
- Wie kommuniziere ich meine Mehrwerte?
- Wie binde ich den Kunden mehr in den Verkaufsprozess ein?
- Wie frage ich nach dem Auftrag? Welche Angebotsalternativen habe ich für ihn?
Fragen zum Thema Mitarbeiter und Lieferanten
- Frage an Ihren Lieferanten: „Außer einen guten Preis, was können Sie sonst noch tun, um mich erfolgreicher zu machen?“
- Frage an Ihren Lieferanten: „Mal angenommen, Fall x tritt ein, was machen Sie dann?“ (Im Falle x werden konkrete Probleme besprochen. Beispielsweise, wenn die in Aussicht gestellte Rendite von einer Bank oder ein zugesagter Liefertermin nicht eingehalten werden.)
- Stellen Sie aber auch Bewerbern gute Fragen. Wenn Sie beispielsweise jemanden fragen, der für Sie im Vertrieb arbeiten soll, dann fragen Sie bitte nicht „Können Sie Kunden gewinnen?“, sondern „Mal angenommen, Sie wollen telefonisch einen Termin vereinbaren. Wie gehen Sie denn da genau vor?“ Denn mit der letztgenannten Frage erfahren Sie genau, ggf. auch erst durch Nachhaken, wie Ihr neuer Mitarbeiter tatsächlich verkauft.
Fragen zum Thema Smalltalk und Netzwerken
- Ihr größter Gegner ist nicht Ihr Mitbewerber, sondern Ihre eigene Unbekanntheit. Denn Kunden können nur von denen kaufen, die Sie kennen. Deswegen ist Gesichtsmarketing wichtig. Seien Sie also da, wo Ihre Kunden sind. Das geht in Zeiten von Corona auch online (ist zumindest besser, als gar nicht zu netzwerken). Sprechen Sie Fremde auf Veranstaltungen, Seminaren und Meetings beispielsweise an mit „Und, wie sind Sie auf die Veranstaltung aufmerksam geworden?“ oder „Und, was war für Sie heute der größte Aha-Effekt?“
Fangen Sie am besten heute sofort an, einfach mehr gute Fragen zu stellen. Dazu müssen Sie sich gar nicht vornehmen, mehr Fragen stellen zu wollen. Sie müssen sich nur vornehmen, Ihre Mitmenschen noch besser verstehen zu wollen – dann ergeben sich viele Fragen von ganz alleine.